HOME ROUTE DIARY FOTOS
 
 
 
 
 
ROUTE DIARY FOTOS MOTORCYCLES EQUIPMENT ABOUT US
 
 
 
 
 

It’s time to drink REAL water

Written in Russia
07/15/2008 by phil

Wir steigen in den Bus ein und Jazz versucht verstaendlich zu machen, wohin wir wollen. Der Fahrer winkt uns ungeduldig weiter. OK, der ist jetzt halt am Telefon, denke ich und wundere mich, das suns einer mit Geldbuendel in der Hand gratis durchlaesst. Spaeter merke ich, dass es allgemein so ist, dass man erst bezahlt, wenn man hinaus geht und sagt, wo man eingestiegen ist. Hinten rein, vorne raus. Jedenfalls stadteinwaerts. Stadtauswaerts in die andere Richtung, wie wir das auch zu organisieren pflegen, also vorne rein, bezahlen und irgendwann hinten wieder raus.

Katze und Hund
In Russland erkenne ich nach etwa einer Woche ab und zu die Struktur ihrer Ordnung. Eine solche haben sie, ich denke sogar eine recht starke. Doch sie unterscheidet sich von unserer dermassen fest, dass es fuer mich richtig schwierig und ekelhaft war und abgeschwaecht immer noch ist. Fuer mein Verstaendnis vom gesellschaftlichen Miteinander empfinde ich die Einwohner hier nicht nur als ‘nicht freundlich’, sonder als ausgesprochen ‘unfreundlich’. Nie ein Hallo oder Tschuess, kein Wort zuviel, finstere Blicke ohne Augenkontakt und so gut wie keine Hilfsbereitschaft. Anfangs dachte ich natuerlich, dass es an meinem Auftreten liegt und habe diverseste Taktiken ausprobiert und vor allem auch beobachtet. Immer wieder kam es mir vor wie kleiner Hund und grosse Katze. Beide gleich schwer, gleiche Schulterhoehe, vier Pfoten, ein Fell und hinten ein l;anger Schwanz. Doch sie sind komplett verschieden und missverstehen einander stetig.

Nein, nein, nein, nein
Wer hier kein Wort russisch spricht, ist verloren. Mit meinen paar Worten kann ich mich wenigstens im Telegrammstil verstaendlich machen. Auch wenn die andere Person mich versteht, kassiere ich oft ein Nein. Dabei bin ich langsam Profi, aus der Betonung, Mimik und Gestik die unterschiedlichen Neins zu kategorisieren. Es gibt deren viele und das immer grimmig und einsam hingeworfene Nein kann heissen ‘will nicht’, ‘bei mir nicht’, ‘haben wir nicht’, ‘das gibts gar nicht’.
Am Anfang war ich echt geschockt und frustriert. Bis ich gemerkt habe, dass sie auch untereinander so Handeln und ebenfalls nicht oder in diesem fuer mein Ohr gehaessigen Ton kommunizieren. Habe ich ein-, zweimal wuetend geantwortet, weil ich echt wuetend war, so abschaetzend behandelt zu werden, war die Gegenreaktion meist ein verbluefft sein, die Leute waren schockiert. Ich wiederhole mich, Katz und Hund halt. Das Feintuning stimmt nicht.

Die andere Ordnung
Bin ich zu uninformiert in dieses Land gereist? Ja. Haette ich es gewusst, haette ich die Plaene geaendert? Nein. Ich bin der Gast, ich muss mich anpassen. Die Russen tun es nicht, genauso wenig wie es die Amerikaner tun (und mit ihrer uebertriebenen, oberflaechlichen Hoeflichkeit genauso nerven). Also passe ich meine Erwartungen an, beginner nochmals von vorne. Anstatt blind zu warden vor Wut, Augen oeffnen und sehen, wie es auch noch gehen wuerde. Optisch gehe ich als Russe durch. Vorteil. So betrete ich einen Laden, ohne Worte, grumble dann das gewuenschte vor mich hin, der Preis wird mir genannt, bezahlen und grusslos wieder raus. Laeuft doch prima! Und im Zweifelsfall stele ich mich so bockig und begriffsstutzig, dass mir jemand hilft, nicht aus Naechstenliebe, sondern weil es dann fuer diese Person schneller geht.

Warum die Russen so sind oder geworden sind, ueber das kann ich nur spekulieren. Ist es ein Erbe der Zarenzeit mit ihren undurchdringbaren Gesellschaftsschichten? Ist es der Realsozialismus und das Misstrauen gegenueber dem Nachbarn oder gar der Frust der marktwirtschaftlichen Oeffnung, die nur fuer eine Minderheit so richtig profitabel ist und all den anderen schamlos zur Schau gestellt wird?

Bemerkenswert ist jedoch sehr viel Positives und Schoenes, das man auch sehen kann, wenn man will. Das Land ist sehr ruhig, die Leute sind in dieser Beziehung sehr ruecksichtsvoll. Es wird grossen Wert auf Sauberkeit gelegt, die Staedte bieten viele Gruenflaechen zum verweilen. Auch zwischen den haesslichen Wohnblocks viel gruen und Spielplaetze, die immer belebt sind mit Kindern und Eltern. Ja, auch Maenner setzen sich, noch in Arbeitskleidern, erst mal eine Stunde zu ihren Kleinen. Die Leute wahren immer einen respektvollen koerperlichen Abstand zum Naechsten. Sie bleiben in der Metro vor der offenen Tuere stehen, wenn sie sehen, dass es im Wagen zu eng warden koennte. Im Innern koennen sie auch in der Rush-hour stehen, ohne dass sie von jemandem beruehrt warden. Wo gibt es das sonst noch, als in er schoensten U-Bahn der Welt?

PS: It’s time to drink REAL water, Werbespruch der Firma Cone-Forest (www.cone-forest.ru)



---
Written on the 41st day of trip II - Austria-Russia-Mongolia
3'931 Km on the road


Route in Russia


 
 
 
 
 

Fotos around that time

Avatar
Umed, thanks for your help!
Foto taken around Moscow, Russia.
Jul 2008
Avatar
Eine der prachtvollen Metrostationen
Foto taken around Moscow, Russia.
Jul 2008
Avatar
Phil im Himmel: Fladenbrot!
Foto taken around Moscow, Russia.
Jul 2008
Avatar
2. Stock unten rechts: Haus 7, App. 52
Foto taken between Odincovo and Moscow, Russia.
Jul 2008